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In eigener Sache – Jeder, jede von uns kennt welche, hat sie in der eigenen Verwandtschaft, trifft sie im Freundeskreis, begegnet ihnen bei der Arbeit: Menschen, die fast nie in einem Gottesdienst zu sehen sind und dennoch irgendwie zur Kirche gehören. Pauschalisierend und deshalb unpassend wird ihnen der Stempel „Kirchenferne" verpasst. Besser scheint mir da schon der Vorschlag, von „passiven Mitgliedern" zu sprechen, auch wenn sich die Kirche schlecht mit einem Verein vergleichen lässt.

Ich persönlich bevorzuge die Bezeichnung „Treu Distanzierte": in selbst bestimmter Nähe und Distanz bleiben Menschen auf je eigene Weise mit der Kirche in Verbindung. Bei näherem Hinsehen handelt es sich hier um die große Mehrheit in den 13 Kirchgemeinden des mittleren und oberen Kahlgrunds. Auch hier verstehen sich über 70 % der Dorf- bzw. Marktbürger weder als engagierte Glaubende noch als bewusste Atheisten. Sie sind irgendwo dazwischen, wollen wenig oder keine Kirchenbindung, weil sie deren Bedeutung für sich nicht sehen. Dennoch nehmen sie manche Angebote gerne wahr: die Christmette genauso wie Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen. Nicht wenige lassen sich auch auf die Erstkommunion ihrer Kinder samt Vorbereitung ein.

Ich selber komme mit den „Treu Distanzierten" gerne ins Gespräch. Meistens zeigt sich schnell, dass die für sie wichtigen Werte sich nicht gravierend von denen der „Kirchgänger" unterscheiden: Auch für sie sind Familie, Arbeit, Lebenserfüllung hohe Werte. Aber sie öffnen ihren Alltag nur dort, wo sich kirchliche Angebote, Herausforderungen oder Beziehungen auch als Gewinn für den Alltag erweisen. Deshalb: Wenn es um den Kontakt mit der „treu distanzierten" Mehrheit in unseren Kirchgemeinden geht, dann sollten wir nicht auf Gottesdienste und sonstige klassische kirchliche Angebote setzen, sondern vor allem auf uns selbst. Das heißt auf persönliche Beziehungen, geteiltes Leben, erfahrene wechselseitige Wertschät¬zung und gewachsenes Vertrauen.

Dies waren und sind die entscheidenden Brücken, auf denen sich vermeintlich Fernstehende Religion und Glaube, Gott und Bibel, Gemeinde und Nachfolge nähern können. Eigentlich sollte uns das nicht überraschen: In diesen Alltagsbeziehungen hat sich das Christentum in den ersten Jahrhunderten über die antike Welt ausgebreitet, in ihnen leben die wachsenden und lebendigen Gemeinden des Südens ebenso wie die aufbrechenden Gemeinden in unserem nachchristlichen Kontext.

Ich möchte diesen 70 Prozent und mehr unserer Gemeindemitglieder an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön dafür sagen, dass es sie gibt. Allein durch ihre große Zahl geben sie der Kirche vor Ort Gewicht. Dank der von ihnen mit aufgebrachten Kirchensteuer ermöglichen sie zahlreiche Angebote und Leistungen, die ohne sie garantiert nicht mehr möglich werden. Wann auch immer es sich ergibt: sie dürfen sich herzlich willkommen wissen in ihren und unseren 13 Kirchgemeinden. 

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