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Wie ergeht es Ihnen, wenn Sie das Wüstenbild auf der Vorderseite des Pfarrbriefs betrachen? So sieht in etwa die Wüste aus, in der Jesus vierzig Tage gelebt und überlebt hat.

Ich selbst war nur einen einzigen Tag in dieser Wüste unterwegs. Davon will ich Ihnen erzählen:

Mein erster Eindruck von der Wüste ist überwältigend. Dieses unglaubliche Gefühl von Weite und Schönheit, das ich sonst nur vom Bergwandern kenne. Bei diesem Anblick fühlt man sich Gott ein Stück näher. Mich wundert es nicht, dass in der Wüste innigste Gottesbegegnungen stattfanden: Mose hört Gottes Stimme am brennenden Dornbusch. Jesus hört Gottes Stimme bei seiner Taufe in der Wüste.

Im Wüstental sehe ich ein wenig Grün. Wasser sehe ich nicht, es ist nur indirekt sichtbar durch die Pflanzen, die dort wachsen. Nirgendwo ist es einleuchtender als hier: Wasser ist leben. Ich spüre es an mir selbst. Obwohl ich dreieinhalb Liter Wasser im Rucksack habe und alle zehn Minuten trinke, ist es schwer den Kreislauf aufrecht zu erhalten. Ja, Wasser ist überleben! Es ist mir rätselhaft, wie Jesus hier vierzig Tage überlebt und dabei auch noch gefastet hat.

Unterwegs durch eine Wüstenschlucht, in der es mittags trotzdem nirgends Schatten gibt, merke ich: In der Wüste kämpft man schnell mit sich selbst und denkt nur noch ans Weiterkommen. Vieles, was einen vorher noch beschäftigt hat, spielt dort keine Rolle. Es verstummt. Der Gang durch die Wüste kann helfen Abstand zu gewinnen. Ob Jesus deswegen in die Wüste gegangen ist? Wollte er herausfinden, was Bedeutung in seinem Leben hat und was überflüssig ist? Gott hatte ihm gerade bei der Taufe gesagt: Du bist mein Sohn. Da kann ich mir gut vorstellen, dass man dafür eine Zeit zum Verarbeiten braucht: Was heißt das für mich? Was ist meine Aufgabe? Schaffe ich die überhaupt?

Manches verstummt in der Wüste. Manches wird ganz laut. Wer mal ein paar Tage für sich allein in der Stille war, ohne Besuch, ohne Ablenkung, der weiß, wie hart das sein kann. Da kreisen Gedanken, da kommt Unbearbeitetes hoch, da hält man es mit sich selbst kaum aus. Wir können nur erahnen, was in den vierzig Tagen Stille in Jesus vorgegangen ist. Von Versuchungen erzählt die Bibel. Es war niemand dabei, als Jesus sich in der Wüste aufgehalten hat. Doch offenbar hat Jesus von dieser Zeit des inneren Ringens im Nachhinein erzählt. Es war wohl schwere und einschneidende Lebenserfahrung für ihn. Danach hatte er für sich die Klarheit, die Gewissheit und die Kraft, das Evangelium zu verkünden, seinen Leidensweg zu tragen und die Menschheit zu erlösen.

Für uns kann die Erfahrung von Jesus in der Wüste eine Anregung für die Fastenzeit sein:

Ich besuche einen Ort, der große Weite ausstrahlt und spüre eine Weile Gottes Nähe nach. Ich nehme mir eine Zeit längerer Stille ohne Ablenkung und beobachte meine auftauchende Gedankenwelt.

Nehme ich meinen Mut zusammen und stelle mich in der Fastenzeit einem schwierigen Lebensthema?

Ihnen allen wünsche ich eine segensreiche Zeit der Vorbereitung auf Ostern und gute Wüstenerfahrungen!

Katja Roth, Pastoralreferentin

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