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Von Pastoralreferentin Stefanie Krömker

Am Montag ist wieder Weltfrauentag. Diesen zu feiern, macht mir als katholischer Christ*in so richtig Spaß. Denn es wird nicht so bleiben, dass Priester*innen und Bischöf*innen ausschließlich Männer sind. Und darauf stoße ich an!

Ich bin nicht der Ansicht, dass die katholische Kirche die systematische, strukturelle, auf anthropologischen und theologischen Irrtümern beruhende Diskriminierung beenden muss, weil sie andernfalls in großem Umfang engagierte Mitglieder und Rückhalt in der Gesellschaft verliert. Ich bin der Ansicht, dass sie diese beenden muss, weil Diskriminierung von Frauen böse ist. Und Böses tut nicht gut. (Eine Ausführung dazu von Dr. Ulrich Sander können Sie weiter unten lesen. Dank an ihn, dass er sie zur Verfügung gestellt hat.)

Ja, aber tut sich was?

Dass Frauen seit Januar in einem Schreiben des Papstes dauerhaft zum Dienst als Lektor oder Kommunionhelfer beauftragt werden können, war doch höchstens ein Achselzucken wert.

Die Äußerung von Bischof Bätzing, dass die Wahl von Dr. Beate Gilles ein „starkes Zeichen, dass die Bischöfe ihrer Zusage nachkommen, Frauen in Führungspositionen zu fördern“ sei, lässt mich milde lächeln: Nett, dass ihr euch bemüht. Aber das reicht nicht.

Was macht tatsächlich einen Unterschied?

In den 80ger Jahren wurde die feministische Bewegung innerhalb und außerhalb der Kirche dadurch klein gehalten, dass man es schaffte, folgendes Bild einer feministischen Frau zu schaffen: unattraktiv, humorlos, monothematisch, frustriert, weil zu kurz gekommen. Und: Gibt es nicht Wichtigeres? Das funktioniert nicht mehr.

Die Bewegung für die Gleichstellung in der katholischen Kirche ist international, von Ordensfrauen und Laien gleichermaßen getragen. Sie bittet nicht um Gehör, sondern sie nimmt sich Raum. Es werden Bücher veröffentlicht, in dem Frauen von ihrer Berufung zum Weiheamt erzählen. Einige männliche Bischöf*innen unterstützen die Forderungen inzwischen öffentlich. In der Diskussion ist nicht mehr die Gleichstellung der Frauen mit Männern begründungspflichtig, sondern die Ungleichbehandlung. Und es ist inzwischen mehr als deutlich, dass die Argumente für die Ungleichbehandlung dieselbe Qualität haben, wie die, mit denen man Rassismus o.ä. zu begründen versucht.

Kurz: Der Unterschied ist, dass Frauen das nicht mehr akzeptieren, dass Frauen nicht mehr schweigen, dass Frauen das nicht mehr als unveränderlich hinnehmen. Die bittere Pille, wenn man römisch-katholisch sein will, muss man mit Diskriminierung leben, wird nicht mehr geschluckt.

ABER: Trotz synodalem Prozess, Interventionen von Ordensfrauen, Frauen in Führungspositionen etc. wäre es außerordentlich überraschend, wenn die kuriale Männerwirtschaft nicht weiterhin alles tut, um an der Ungleichbehandlung von Frauen festzuhalten. Soll man nicht gleich resignieren?

Nein, um der Liebe Christi willen nicht.

Und wie hält man durch?

Ein paar Vorschläge:

  1. Viel beten. Schrift lesen.
  2. Stur sein: Das ist unser aller Kirche, nicht die von einigen Prälaten. Ich lass mich nicht aus meiner Kirche drängen.
  3. Auf den Geist Gottes vertrauen. Nach stärkender Gemeinschaft persönlich/digital/durch Lektüre Ausschau halten. (→ Tipp siehe unten)
  4. Nochmal beten. (Ich denke, ohne viel Frömmigkeit gewinnt die Negativität überhand. Ich kann die Kraft zu bleiben nicht nur aus mir selber holen.)
  5. Humorvoll leben. (→ Tipp siehe unten)

In diesem Sinne Ihnen allen, Männern wie Frauen, einen fröhlichen Weltfrauentag!

Stefanie Krömker, Pastoralreferentin

Tipp zu 3:

Voices of faith (https://voicesoffaith.org/de-home) veranstaltet am Montag von 11-12.30 Uhr ein Online-Treffen mit Gebet, Reflexion und prophetischen Stimmen von Ordensschwestern aus aller Welt. Lassen Sie sich nicht abschrecken: Die Registrierung ist auf Englisch, das Treffen selbst wird in Deutsch übersetzt. Sie finden den Link auf der Seite unter Deutsch/Veranstaltungen oder hier direkt: https://www.eventbrite.it/e/international-womens-day-2021-sistersunveil-your-truths-tickets-142859718263

Tipp zu 5:

Kann man ab und zu mal mit tanzen: https://www.youtube.com/watch?v=wXV7oiM566I

DAS VERBOT DER FRAUENWEIHE: KANN GOTT ETWAS UNMORALISCHES WOLLEN?

von Dr. Ulrich Sander

Sexismus ist eine Sünde gegen die Gerechtigkeit – so wie Rassismus. Einem Menschen Beteiligungschancen zu verwehren, weil er die „falsche“ Hautfarbe (eine andere als das „cacausian“ „Weiß“) oder das „falsche“ Geschlecht (ein anderes als das „männliche“) hat, ist Unrecht.

Kann Gott Unrecht wollen? Immanuel Kant brachte die Frage auf ihre exakte Form: Wenn Unrecht verlangt wird, kann es dann Gott sein, der es verlangt? In der Bibel wird die Geschichte erzählt, dass von Abraham das Opfer seines Sohnes Isaak verlangt worden sei – Abraham band seinen Sohn auf den Opferaltar, erst in letzter Minute hielt ihn ein Engel davon ab. Christlicherseits galt diese Erzählung (die in ihrer Sinnspitze gerade das Nein zu Menschenopfern enthält) lange Zeit als Vorbildgeschichte für den bedingungslosen Glauben Abrahams und wurde als „Opferung Isaaks“ bezeichnet. Immanuel Kant streicht dieses Verständnis durch: Dass es Unrecht ist, einen unschuldigen Menschen zu töten, sagt die Stimme des Gewissens, und diese Stimme ist gewiss und unfehlbar. Dass hingegen eine Stimme, die von mir Unrecht fordert, die Stimme Gottes und nicht ein Trugbild ist: Dafür habe ich keinerlei Möglichkeiten der Erkenntnis, es bleibt ungewiss. Also gibt es nur eine Möglichkeit: Ich habe mich an die gewisse und unfehlbare Stimme meines Gewissens zu halten. Was der Aufklärer Kant hier gegen die christliche Rezeptionsgeschichte der biblischen Erzählung schreibt, ist für die jüdische Auslegung der Rabbinen schon jahrhundertelang klar. „Bindung Isaaks“ heißt die Erzählung dort (nicht „Opferung“!), da das Opfer ja gerade verhindert wurde. In immer neuen Anläufen erzählen die Rabbinen diese Geschichte in ihren Midraschim so, dass Gott nicht etwas Unrechtes befohlen haben kann. Der Höhepunkt rabbinischer Auslegung: der Verweis auf den Propheten Jeremia. Im Buch des Propheten Jeremia (Kapitel 7, Vers 31) heißt es als Vorwurf Gottes an die Einwohner Jerusalems: „Auch haben sie die Kulthöhe des Tofet im Tal Ben-Hinnom gebaut, um ihre Söhne und Töchter im Feuer zu verbrennen, was ich nie befohlen habe und was mir niemals in den Sinn gekommen ist.“ Gott verurteilt die Kindesopfer, die die Einwohner Jerusalems einem Götzen darbringen, und sagt: „So etwas habe ich niemals befohlen, so etwas ist mir niemals in den Sinn gekommen.“ Also – so eine rabbinische Auslegung – auch nicht bei Abraham und Isaak, also kann die Stimme des Tötungsbefehls an Abraham nicht die Stimme Gottes gewesen sein.

Die Rabbinen führen hier „Bibelwort gegen Bibelwort“, aber was sie eigentlich tun ist dasselbe, was Kant tut: Das Gewissen ist in seiner Verurteilung von Unrecht göttlichen Ursprungs, es ist darin unfehlbar und gewiss. Eine Stimme, die Unrecht befiehlt, dagegen als göttlichen Ursprungs zu begreifen, ist niemals gewiss, weil sie der göttlichen Stimme des Gewissens widerspricht.

Noch einmal: Sexismus ist eine Sünde gegen die Gerechtigkeit – so wie Rassismus. Einem Menschen Beteiligungschancen zu verwehren, weil er die „falsche“ Hautfarbe (eine andere als das „cacausian“ „Weiß“) oder das „falsche“ Geschlecht (ein anderes als das „männliche“) hat, ist Unrecht. Diese moralische Einsicht des Gewissens ist unfehlbar und gewiss. Nun leitet die römisch-katholische Kirche aus der (mehr oder weniger gewiss verbürgten) Geschichte ihrer männlichen Amtsträger ab, dass dahinter ein göttlicher Ursprungswille stehe, der unabänderlich gelte. Seit der Erklärung „Ordinatio sacerdotalis“ von Papst Johannes Paul II. von 1994 behaupten die männlichen Amtsträger, dass die Stimme, die solches befehle, eine göttliche sei und dass diese Regelung unfehlbar gewiss sei.

Es gibt aber kein Erkenntnismittel auf Erden, nicht einmal das des päpstlichen Lehramtes, das mit Gewissheit erkennen kann, dass eine Stimme, die Unmoralisches anordnet, göttlichen Ursprungs sei. Gewiss ist: Sexismus ist Sünde. Gewiss ist: Die Verweigerung von Beteiligungschancen von Menschen allein wegen ihres Geschlechtes ist Sünde. Diese Erkenntnis ist unfehlbar gewiss. Davor verblassen alle anderen Unfehlbarkeiten als Selbsttäuschung und Illusion. Maria 2.0 hat die Unfehlbarkeit des Gewissens auf ihrer Seite!

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