Impuls zum 5. Fastensonntag - von Pastoralreferentin Katja Roth

Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes (Joh 12,20-25)

In jener Zeit gab es auch einige Griechen unter den Pilgern, die beim Paschafest in Jerusalem Gott anbeten wollten. Diese traten an Philippus heran, der aus Betsaida in Galiläa stammte,
und baten ihn: Herr, wir möchten Jesus sehen. Philippus ging und sagte es Andreas; Andreas und Philippus gingen und sagten es Jesus.

Jesus aber antwortete ihnen: Die Stunde ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht wird. Amen, amen, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht. Wer sein Leben liebt, verliert es;
wer aber sein Leben in dieser Welt gering achtet, wird es bewahren bis ins ewige Leben.

Alles anders? – Es geht anders!

So hatte ich mir die Antwort von Jesus nicht vorgestellt. Da bittet eine Gruppe von Griechen um ein Gespräch und Jesus geht mit keinem Wort auf sie ein oder fragt, was sie wollen. Ich hätte anderes erwartet. Jesus kommt mir fast so vor wie ein Politiker, der etwas gefragt wird, aber nicht darauf antwortet, sondern lieber eine Grundsatzrede hält.

Wenn man darauf schaut, in welcher Situation er das sagt, wird es etwas verständlicher: Jesus war gerade in Jerusalem eingezogen und richtet jetzt noch ein paar letzte Worte an die Öffentlichkeit. Nach dieser Rede beginnt sein Leiden und Sterben. Es handelt sich also tatsächlich um eine Grundsatzrede, um ein Vermächtnis.

Jesus stellt bis an sein Lebensende die Werte dieser Welt auf den Kopf, so auch in seinen Abschiedsworten. Wer sich am Leben festklammert, wird es verlieren, wer bereit ist sein Leben hinzugeben, wird es bewahren.

In vielem, was Jesus sagt und tut, durchbricht er unsere üblichen Reaktions- und Denkmuster. Er zeigt, dass es anders geht. Er gibt uns eine andere Weltordnung, in der Sünder nicht bestraft, sondern geliebt werden, in der nicht der größte Besitzer, sondern der größte Verschenker die meiste Wertschätzung erfährt, in der nicht nach dem Buchstaben einer Regel, sondern nach ihrem tieferen Sinn gehandelt wird und in der die Letzten die Ersten sein werden.

Jesus hat es anders gemacht. Mit seinem ganzen Leben stand er dafür ein. Er hat sein Leben als Weizenkorn in die Erde gesät. Und die Frucht ist bis heute unglaublich reich gewachsen!

Bei Beerdigungen bete ich gerne diese Fürbitte: „Lass alles Gute, das sie/er getan hat, auch weiterhin Frucht bringen.“ Unser Leben gleicht ebenso diesem Weizenkorn, das reiche Frucht bringen kann – im Himmel und auf Erden, zu Lebzeiten und über unseren Tod hinaus.

Auch zu unseren Lebzeiten können wir das Bild vom Weizenkorn im Kleinen entdecken. Wenn wir Jesus nachfolgen wollen, dann muss manchmal ein kleines Weizenkorn in uns sterben: Mal opfern wir Lebenszeit, mal unseren Besitz, mal verzichten wir auf das überlegene Gefühl, es besser zu wissen oder besser zu machen als der andere (und ihm das auch noch unter die Nase zu reiben). Manche Menschen sehen darin keinen Sinn. Warum sollten sie Zeit, Bequemlichkeit, Einfluss oder Geld für etwas opfern, dass ihnen selbst nichts nützt, sondern ‚nur‘ anderen?

Hin und wieder gelingt es uns, die Logik der Welt zu durchbrechen und nach der anderen Logik von Jesus zu leben. Wenn uns das gelingt, erleben wir nicht nur den Tod des Weizenkorns, sondern auch die reiche Frucht. Diese Frucht können wir in vielem wachsen sehen: in der Freude, Dankbarkeit, Erleichterung, im Aufatmen oder Aufblühen von Menschen, wenn sich jemand in seiner Trauer getröstet fühlt oder auch wenn Verzweiflung und (materielle) Not weniger werden oder ganz verschwinden. Ich wünsche uns, dass uns schon im Leben ganz viele dieser Früchte zuteilwerden.

Am 5. Fastensonntag findet traditionell die Fastenaktion des Hilfswerks Misereor statt. Mit dem Jahresmotto 2021 wollen wir als Christen weltweit zeigen: „Es geht anders!“ Wenn wir Jesus nachfolgen und nach seiner Logik handeln, wird das für alle reiche Frucht bringen. Daher bitte ich Sie, sich großherzig mit einer Spende an der Fastenaktion zu beteiligen. Die Welt hat unsere Hilfe gerade in dieser von der Pandemie geprägten Zeit sehr nötig. Herzlichen Dank!

Kajta Roth, Pastoralreferentin